FACHARTIKEL UND STUDIEN


CODICONTIN® in der Schweiz nicht mehr erhältlich

Von Prof. Dr. J. Mathis

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AUTOREST STUDIE

Die Studie zum autonomen Nervensystem bei RLS (AUTOREST) läuft noch wenige Monate in den Zentren für Schlafmedizin des Inselspitals in Bern und in Lugano. Genauere Angaben WER TEILNEHMEN KANN finden sie hier.

FACHARTIKEL UND STUDIEN

Übersetzt und kommentiert von Prof Dr. J. Mathis, Praxis für Schlafmedizin, Neurozentrum Bern


WIRKT CORTISON BEI RLS?

Eine Forschergruppe aus Deutschland (Hornyak et.al. Neurology 70: 1620-1622 (2008)) hat bei 10 RLS Patienten eine Infusion von Cortison zweimal pro Woche durchgeführt und mit Placebo Infusionen verglichen. Sie fanden unter Cortison eine leichte Abnahme der sensiblen Missempfindungen (Sensory Leg Discomfort) gemessen anhand einer Visuell Analog Skala (von 0 wie keine Beschwerden bis 100 extrem starke Beschwerden) während eines Tests liegend im Bett (suggested immobilization test) zwischen 21:45 und 22:45 Uhr.

Es kann nur spekuliert werden, ob es sich um einen direkten therapeutischen Effekt des Cortisons oder um indirekte Effekte über die Gehirn-eigene Dopaminausschüttung handelt.


FRAUEN ERKRANKEN HÄUFIGER AN RLS 

Eine Forschergruppe aus Deutschland hat in einer grossangelegten Studie an über 4000 Personen aus der Bevölkerung von Pommern gefunden, dass 10% die offiziellen Kriterien eines Restless Legs Syndromes erfüllen, wobei Frauen doppelt so häufig betroffen waren als Männer (Berger et al., Arch. Int. Med. 164: 196-202 (2004)).  Offenbar ist das höhere Risiko aber abhängig davon wie oft diese Frauen schwanger waren: Frauen, welche nie schwanger waren haben das kleinste Risiko, nicht grösser als das der Männer. Bei Frauen welche eine einzige Schwangerschaft hatten steigt das Risiko fast auf das doppelte, nach zwei Schwangerschaften auf das dreifache und nach drei oder mehr Schwangerschaften um einen Faktor 3.5.

Dieses neue Resultat passt gut zu der Tatsache, dass während einer Schwangerschaft bis zu 30% der Frauen vorübergehend RLS Beschwerden beschreiben und spricht für eine hormonelle Mitursache. 


NEUES MEDIKAMENT IN AUSSICHT

Einer neuer Dopamin Agonist mit dem Wirkstoff "Rotigotine" wurde bereits an Patienten mit Parkinson und RLS geprüft (Stiasny-Kolster et.al. Mov.Dis.19:1432-1438 (2004). Der Wirkstoff wird über ein Hautpflaster verabreicht, was wegen der langanhaltenden Aufnahme über die Haut zu sehr konstanten Blutspiegeln verhilft.

In einer neuen Studie über 340 RLS Patienten aus 34 Zentren in Deutschland, Oesterreich und Spanien (Poster am Welt-Schlaf-Kongress in Berlin; Oktober 2005) hat dieses "Medikamenten-pflaster" in Dosen von 4.5 bis 9.0mg pro Tag zu einer Verbesserung des IRLS Scores um 15-17 Punkte im Durchschnitt geführt. Auch die Einschlaf- und Durchschlafstörung und die Müdigkeit am Tag hat sich durchschnittlich gebessert.

Es ist zu hoffen, dass diese neue Verabreichungsform, dank der geringeren Schwankungen des Blutspiegels, das grosse Problem der Augmentation vermindern wird.


VORSICHT BEI PERMAX 

Bereits bei den früheren Studien zu Permax (Wirkstoff = Pergolide) beim Morbus Parkinson (und auch bei anderen Mittel mit Ergotamin-Wirkung) sind selten Nebenwirkungen in Form von fibrösen Veränderungen am Brustfell und im Bauchraum beobachtet worden (fibröse Pleuritis / retroperitoneale Fibrose etc.). Neuere Studien mittels Echokardiographie lassen nun vermuten, dass solche Nebenwirkungen eventuell häufiger auftreten könnten und auch die Herzklappen betreffen könnten (siehe z.B. Agarwal et al. Movement Disorders 19: 699-703; Van Camp et al. The Lancet 363 1179-1183). Man wird heute dieses Medikament erst einsetzen wenn die anderen Dopamin-Agonisten (ohne Ergotamin-Wirkung) nicht genügend wirksam sind. Bei Patienten, welche schon längere Zeit mit einer konstanten Dosis Permax gut eingestellt sind wird empfohlen sich regelmässig ca. alle 6 Monate beim behandelnden Arzt untersuchen zu lassen. Bei Beschwerden wie Atemnot, Brustschmerzen, unerklärliche Gewichtzunahme oder bei Problemen mit dem Wasserlösen sollte der Arzt an die Möglichkeit dieser Nebenwirkungen denken und ein Röntgenbild und/oder eine Herz-Echokardiographie durchführen lassen.

Alle anderen Dopamin-Agonisten haben viel seltener oder gar nicht ähnliche Nebenwirkungen. Aufgrund der heute bekannten nur sehr seltenen Fälle mit anderen Dopaminagonisten sollten regelmässige ärztliche Kontrolle als Vorsichtsmassnahme ausreichen.


GABAPENTIN (NEURONTIN) IM VERGLEICH ZU ROPINIROLE (REQUIP) 

Die Wiener Gruppe (Happe et al. Neuropsychobiology 48:82-6 (2003) hat die Wirkung der Medikamente Requip und Neurontin bei RLS Patienten untersucht. Neurontin wurde aufdosiert bis 300-1200mg und Requip bis 0.2-1.5mg. Beide Medikamente führten zu einer signifikanten Abnahme der RLS Beschwerden gemessen anhand des Internationalen RLS-Study Group Questionnaires und der PLMS.


REQUIP (ROPINIROL)-STUDIEN IN USA 

Die Pharma-Firma GlaxoSmithKline hat in mehreren europäischen Staaten, den USA, Kanada und Australien mehrere Studien zur Häufigkeit des RLS, zur Einschränkung der Lebensqualität bei RLS sowie Therapiestudien mit Requip (Ropinirol) durchgeführt bei der ganz unterschiedliche Parameter untersucht wurden:

  • Von 16'000 befragten Personen in einer Normalbevölkerung in den USA und Europa erfüllten 3% die diagnostischen Kriterien eines RLS wobei Frauen etwa doppelt so häufig betroffen waren als Männer und auch eine klare Abhängigkeit vom Alter ersichtlich wurde (Abb.). Immerhin 80% dieser Betroffenen hatten ihre Beschwerden dem Hausarzt geklagt, aber nur bei 8% hat dieser die Diagnose eines RLS gestellt.
  • In England fand wurden Hausärzte befragt nach der Anzahl RLS Patienten die sie behandelten. Diese gaben an, dass nur gerade 0.2-1.2% ihrer Patienten an RLS litten, eine Zahl die im Vergleich zu Studien in der Normalbevölkerung sehr tief erscheint. Es bleibt aber offen, ob der Anteil von schwer betroffenen RLS Patienten in einer Normalbevölkerung tatsächlich so niedrig ist oder ob die Ärzte die Krankheit nicht oft genug diagnostizierten.
  • Eine epidemiologische Studie ergab, dass zwischen 3 und 9% aller Patienten welche eine Arztpraxis aufsuchten in einem Fragebogen die Kriterien für ein Restless-Legs Syndrom erfüllten. Es wurde aber z.B. in England nur in 5% dieser Patienten eine ärztliche Diagnose eines RLS gestellt, währenddem der Anteil in Deutschland immerhin 20% war. Es ist aber unklar wie der RLS Schweregrad dabei berücksichtigt wurde, denn nur die Hälfte der RLS Patienten hatte mindestens 4 Tage pro Woche Beschwerden.
  • Der Einfluss des RLS auf die Lebesqualität wurde verglichen mit demjenigen anderer chronischer Krankheiten wie "hoher Blutdruck", Herzkrankheit, Zuckerkrankheit, Depression, Lungenerkrankungen, und Arthritis. In den Bereichen "körperliche und soziale Funktionstüchtigkeit", "Vitalität" und wie erwartet "Körperliche Schmerzen" fand man bei den RLS Patienten schlechtere Werte als bei den übrigen Krankheiten. Das bedeutet somit, dass die Lebensqualität bei RLS in vielen Bereichen schlechter ist als bei der Zuckerkrankheit oder bei Herz- und Lungenerkrankungen.
  • Die Therapiestudien mit Requip über 12 Wochen ergaben eine Verbesserung des Scores des internationalen RLS Schweregrad-Fragebogens von ca. 11 Punkten. Wenn man aber berücksichtigt, dass auch unter Placebo eine Abnahme um 8 Punkte beobachtet wurde erscheint der Effekt eher bescheiden. Auch der Vergleich im subjektiven Empfinden war zwischen Placebo und Requip nicht riesig, aber schon signifikant. 50% der Patienten gaben unter Requip eine "sehr gute Verbesserung" an, in der Placebogruppe aber eben auch 40% (was wieder einmal den grossen Effekt der Placebowirkung unterstreicht!). Die Häufigkeit der periodischen Beinbewegungen unter Requip hat um 30 Bewegungen pro Stunde abgenommen im Vergleich zum Ausgangswert, was viel eindrücklicher ist als die Änderung in den subjektiven Scores.

Europäische Ropinirol (Requip) Studie

Die ersten Daten der oben angekündigten grossangelegten Requip Studie wurden publiziert (Trenkwalder et al. J.Neurol.Neurosurg.Psychiatry 75:92-7 (2004).


SUCCESSFUL TREATMENT OF RESTLESS LEGS SYNDROME WITH AN IMPLANTED PUMP FOR INTRATHECAL DRUCK DELIVERY. 

B. Jakobsson und K. Ruuth

Acta Anaesthesiol. Scand. 46: 114-117 (2002)

 

Die Autoren beschreiben eine Möglichkeit wie zwei völlig therapieresistenten Patienten doch noch geholfen werden konnte. Der eine Patient hatte praktisch alle zur Verfügung stehenden Mittel ausprobiert ohne ausreichenden Effekt. Bei dem anderen mussten die wirksamen Mittel wegen Nebenwirkungen abgesetzt werden.

Bei diesen zwei Patienten wurde ein Katheter in den Raum ausserhalb des Rückenmarkes gelegt. Über diesen Katheter konnten dann fortlaufend die Medikamente Morphin und Bupivacain (ein Lokalanästhetikum) direkt in das Nervenwasser hinein gepumpt werden. Beide Patienten mit einer sehr schweren Form von RLS waren offenbar nach wenigen Tagen beschwerdefrei!

Diese Art von Morphium-Pumpen werden seit langem mit gutem Erfolg angewendet bei unstillbaren Schmerzen und sollten tatsächlich diskutiert werden auch bei RLS wenn alle anderen Methoden versagen.


TREATMENT OF RESTLESS LEGS SYNDROME WITH GABAPENTIN: A DOUBLE-BLIND, CROSS-OVER STUDY 

Garcia-Borreguero D, Larrosa O, de la Llave Y, Verger K, Masramon X, Hernandez G.

Neurology 2002 Nov 26;59(10):1573-9

 

Die Autoren haben in einer neue Therapiestudie mit Gabapentin (in CH Neurontin) bei 22 Patienten mit idiopatischem RLS eine positive Wirkung während 6 Wochen im Vergleich zu Placebo beobachtet. Die mittlere wirksame Dosis lag bei über 1800mg pro Tag. Offenbar haben diejenigen Patienten besonders gut angesprochen, welche eine schmerzhafte Form von Gefühlsstörungen angeben.

Die Studie bestätigt den klinischen Eindruck, dass Gabapentin wenn genügend hoch dosiert besonders bei schmerzhaftem RLS manchmal helfen kann. Es bleibt aber abzuwarten wie lange die Wirksamkeit wirklich anhält. 


RESTLESS LEGS SYNCROME (RLS) AND PERIODIC LIMB MOVEMENT DISORDER (PLMD):

ACUTE PLACEBO-CONTROLLED SLEEP LABORATORY STUDIES WITH CLONAZEPAM. 

Saletu M, Anderer P, Saletu-Zyhlarz G, Prause W, Semler B, Zoghlami A, Gruber G, Hauer C, Saletu B.

 

Eur Neuropsychopharmacol 2001 Apr;11(2):153-61

Die Autoren haben bei 10 Patienten mit RLS und bei 16 Patienten mit PLMS allein das seit langem bekannte Antiepileptikum Clonazepam (in CH Rivotril) in einer Dosis von 1mg abends eingesetzt und dabei eine Verbesserung des Schlafes festgestellt ohne, dass gleichzeitig die Beinbewegungen im Schlaf reduziert wurden.

Schon aus früheren Studien war dieser Effekt bekannt. Ich selbst setzte dieses Mittel besonders gerne ein in Kombination mit einem Dopamin-Präparat, besonders dann wenn das Dopamin Präparat zwar das RLS vermindert aber als gut bekannte Nebenwirkung eine Schlafstörung bewirkt.


TREATMENT OF IDIOPHATIC RESTLESS LEGS SYNDROME (RLS) WITH THE D2-AGONIST CABERGOLINE - AN OPEN CLINIC TRIAL 

Stiasny, K., Robbecke, J., Schuler, P., and Oertel, W.H.

Sleep.2000.May.1;23(3):349-54. 23(3):349-354, 2000.

 

Bei 9 Patienten mit mittelschwerem RLS, die auf L-DOPA ungenügend angesprochen hatten wurde ein neuer langwirkender Dopamin-Agonist (Cabergoline) über 12 Wochen eingesetzt, wobei 5 Patienten zunächst das L-DOPA weiter einnahmen. Alle Patienten berichteten einen guten bis ausgezeichneten Erfolg auf die RLS Beschwerden. Alle konnten das L-DOPA und auch das Domperidone (Mittel gegen Erbrechen) gegen Schluss der 12 Wochen absetzen. Die periodischen Beinbewegungen im Schlaf nahmen im Durchschnitt von ca. 200 auf ca. 25 ab.

Daraus lässt sich folgern, dass auch Cabergoline ein gutes Mittel bei RLS darstellt und somit die Auswahl der möglichen Medikamente erweitert.


AMANTADINEIS BENEFICIAL IN RESTLESS LEGS SYNDROME. 

Evidente, V.G., Adler, C.H., Caviness, J.N., Hentz, J.G., and Gwinn-Hardy, K.

Mov.Disord. 15(2):324-327, 2000.

 

21 Patienten mit RLS wurden in einer offenen Studie mit Amantadine (100-300mg) behandelt. 17 davon hatte schon andere Medikamente, 4 wurden noch nie medikamentös behandelt. Die Dauer der Behandlung geht aus dem Text leider nicht genau hervor, man erfährt dass 9 von diesen Patienten zwischen 2 und 13 Monaten von der Behandlung profitierten. 6 Patienten hatten mehr als 95% Besserung, 3 davon wurden beschwerdefrei. An Nebenwirkungen traten selten Müdigkeit, trockener Mund oder Schlafstörungen auf, aber bei keinem Patient haben sich die RLS Beschwerden verstärkt.

Dieses Medikament, welches seit langem bei Parkinson Patienten eingesetzt wird kann offenbar auch bei RLS verwendet werden. Aufgrund dieser Studie wird man es aber kaum als erstes einsetzen.


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